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Vom Aushalten

Editorial

Wenn ich so das vergangene Jahr revue passieren lasse, denke ich mir: Eigentlich habe ich schon recht viel aushalten müssen. In meinen Projekten - den großen wie den kleinen, in der Arbeit und privat. Und wenn ich mir die Dinge ein bisschen genauer anschaue, stelle ich mir die Frage: Habe ich wirklich so viel ausgehalten?

Stress. Wer hat den nicht? Wir stehen unter Druck, alles muss schnell und zackig gehen. Es werden große Erwartungen an mich gestellt. Die KollegInnen wollen etwas. Der Auftraggeber will etwas. Partner, Familie, Freunde… Alle wollen etwas. Und am schlimmsten: Ich selbst erwarte auch etwas von mir. Letzteres macht mir blöderweise oft den größten Stress. Kennst du das? Unvorhergesehenes. Jajaja, Projekte sind etwas Riskantes, I know. Dass Unvorhergesehenes passieren wird, steht zwar wie das Amen im Gebet, bedeutet jedoch nicht, dass ich immer glücklich damit bin. Da kommen neue Teammitglieder hinzu, die unter dem Projekt etwas anderes verstehen, als der Rest. Jemand wird krank. Der Lieferant baut Mist. Auch das beste Risk Management verhindert leider nicht, dass Dinge passieren, auf die man offenbar "reagieren muss". Konflikte. Sie passieren implizit, hinter dem Rücken, schleichend. Oder es bricht aus den Leuten heraus. So oder so - gerade in Projekten haben wir einen Haufen an Konfliken. Denn da arbeiten verschiedene Menschen mit ihren unterschiedlichen Blickwinkeln, Arbeitsweisen und - in meinen Augen noch viel wesentlicher - unterschiedlichen Bedürfnissen zusammen. Da kracht es dann. Aushalten... Man sagt das so oft: Man müsse so viel aushalten. Aber seien wir doch mal ehrlich, wenn wir uns die Dinge anschauen, die uns so begegnen. Ist es nicht oft so, dass wir, sobald etwas schwierig wird, in einer ersten Reaktion sofort irgendein (imaginäres oder reales) Werkzeug zur Hand nehmen? Und „etwas unternehmen“? Wenn wir Stress haben, stellen wir uns die Frage: Was kann ich dagegen tun? Passiert Unvorhergesehenes, spiele ich Feuerwehr. Wird gestritten, versuche ich, die Probleme zu lösen. Aber etwas „auszuhalten“ bedeutet doch eigentlich, im ersten Schritt einmal Ruhe zu bewahren und nichts zu tun, oder? Stehe ich unter Stress, könnte die Frage lauten: Was hilft mir, ihn besser auszuhalten (statt ihn zu reduzieren)? Unvorhergesehenes sollte ich manchmal besser ein wenig im Raum stehen lassen - und dann erst entscheiden, ob ich wirklich etwas tun muss. Oder ob sich nicht gleich schon wieder etwas ändern wird (dann wäre es wohl besser gewesen, nicht sofort zu reagieren). Sagt mir im Streit jemand etwas, das ich nicht hören will, könnte ich mir innerlich Empathie schenken - und den anderen ausreden lassen. Solange, bis wirklich alles gesagt ist. Echt etwas auszuhalten - „im Schmerz bleiben“ nenne ich es gern - ist oft schwierig. Aber ich denke, oft der bessere Weg, als sofort etwas zu unternehmen. Meinst du nicht? In diesem Sinne wünsche ich dir für 2018, dass du all das aushältst, wo wirkliches „Aushalten“ einfach am gescheitesten ist.

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