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Keine Ahnung

Editorial
Das haben mich schon einige Leute (gedanklich) sagen gehört, als sie mir in einem Projekt eine fachliche Frage stellten. Leitest du manchmal Projekte, in denen du inhaltlich absolut kein Experte bist? Leider ist es immer noch oft so, dass jener zum Projektleiter ernannt wird, der im Thema fachlich der Ober-Spezialist ist. Das finde ich schade. Ich schreibe hier auch bewusst "Projektleiter" (ohne zu gendern) - denn zugleich ist es schließlich auch noch oft so, dass es ein "er" ist, der gute Herr Projektleiter. Und nicht eine Dame. Das finde ich auch schade. Wie dem auch sei: Ich bin in aller Regel Leiter oder Koordinator von Projekten, von denen ich sprichwörtlich keine Ahnung habe. Inhaltlich betrachtet. Vor welchen Herausforderungen steht man in so einem Fall? Wenig Akzeptanz - oder am Ende gar offener Widerstand. Es können also Konflikte passieren, zwischen mir und den anderen Leuten im Projekt. Was mir hilft ist eine gewisse Methodik, mit Konflikten umzugehen. Ich achte bei Konflikten besonders darauf, die entstehenden unangenehmen Gefühle zu sehen (für mich ist Zorn zB oft in Wahrheit eine Mischung aus anderen Gefühlen, wie zB Frust+Angst) - und die damit verbundenen Bedürfnisse beim Namen zu nennen ("welcher Knopf ist gedrückt?"). So gelingt es mir zumindest, einen Dialog auf Augenhöhe herzustellen. Ein weiteres Thema ist, dass mir Menschen manchmal das notwendige Vertrauen im Vorfeld schon absprechen, wenn ich nicht der Experte bin. Wenn man mir also vertrauen würde, so rein grundsätzlich, und außerdem sieht, dass ich genau weiß, was ich tue - dann akzeptiert man mich eher. Was Vertrauen betrifft denke ich an vier Elemente, die wichtig sind: Offenheit (ich zeige, wie es mir geht, was ich denke und wie ich ticke) - Aufrichtigkeit (ich sage ehrlich, was Sache ist und stehe zu mir, so wie ich bin) - Zuverlässigkeit (ich sage Dinge zu, halte sie ein - und lerne daraus, wenn einmal etwas schief läuft) - und (vielleicht das Wichtigste?) ein Vertrauensvorschuss (ich vertraue dem anderen von vornherein einmal, einfach so, als Grundeinstellung). Was hilft mir noch, ein "guter Projektleiter" zu sein, wenn ich vom Projektinhalt nur wenig Ahnung habe? Ein Interesse am Thema. Ich persönlich lasse wenn möglich die Finger von Projekten, die mich absolut nicht interessieren und zu denen ich keinerlei Bezug habe. Wobei: Interesse kann entstehen. Im ersten Schritt schaue ich mir jedes Thema an, bevor ich entscheide, ob nicht vielleicht doch etwas Interessantes für mich drin steckt. Insofern ist eigentlich eine gesunde Neugierde an den Dingen ein gutes Hilfsmittel, sich mit Themen zu befassen, von denen man noch recht wenig weiß. Ich setze mich so früh und persönlich wie möglich mit den Experten zusammen, um die Dinge besser verstehen zu können. Was auch bedeuten kann, ihnen einfach bei ihrer Arbeit zuzuschauen. Das hat gleich zwei positive Effekte: 1. werde ich selbst ein bisschen mehr Experte und kenne mich mit den Projektinhalten besser aus. 2. leiste ich einen Beitrag zur Vertrauensbildung untereinander. Außerdem spielt für mich das Thema "Erwartungen" eine besondere Rolle: Ich sage offen und ehrlich, dass ich kein Experte bin und vom Thema - teils sogar von der gesamten Branche - wenig weiß. Damit weiß der andere, was er von mir bekommen wird. Zugleich gebe ich aber auch ein gewisses Commitment ab, mir ein wenig Expertise aneignen zu wollen. Ich denke es wird noch einige Zeit dauern, bis das Bewusstsein für den Sinn & Zweck eines "reinen" Projektmanagers wirklich in jedermanns & -fraus Köpfen ist. Und man damit aufhört, unbedingt den fachlichen Experten zum Projektmanager zu machen. Ein "nackerter" Projektmanager ist schließlich auch ein Experte. Im Projektmanagement halt.

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